Jesus in anderen Religionen: Wie stehen Buddhisten, Muslime und Juden zu ihm?

⏳ Lesezeit: 4 Minuten / 📆 zuletzt aktualisiert: 22.10.2023

⏳ Lesezeit: 4 Minuten
📆 zuletzt aktualisiert: 22.10.2023

Der Islam und das Christentum sind aus dem Judentum entstanden. Diese drei Religionen und zusätzlich noch der Buddhismus werden als Weltreligionen bezeichnet. Für die Christen ist es klar definiert, was Jesus bedeutet und welche Position er in ihrer Religion einnimmt. Aber wie ist das in den anderen Religionen, welche Bedeutung spielt Jesus dort, oder spielt er überhaupt eine? Dieser Frage möchte ich einmal nachgehen.

Individuelle Ansichten in den anderen Weltreligionen zu Jesus

Jede der großen Religionen ist wiederum in verschiedene Strömungen unterteilt. So gibt es im Christentum die unterschiedlichen Konfessionen:

  • Zugehörigkeit zur römisch-katholischen Kirche
  • Zugehörigkeit zur orthodoxen Kirche
  • Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche

Diese drei Hauptströmungen wiederum sind viele weitere kleinere Strömungen unterteilt. 

Wie im Christentum, so gibt es auch im Islam und im Judentum unterschiedliche Glaubensrichtungen. Und auch der Buddhismus, der im Gegensatz zu den anderen drei Religionen keine Glaubens- sondern eine Erlebensreligion ist, unterteilt sich in verschiedene Ausrichtungen. Und alle dieser verschiedenen Strömungen haben individuelle Ansichten zum Thema Jesus. 

Welche Rolle spielt Jesus im Buddhismus? 

Der Buddhismus sieht Jesus als eine inspirierende Figur, die Mitgefühl und Liebe verkörpert. Die Nächstenliebe, das Vergeben und das Mitgefühl sind ebenso buddhistische Prinzipien und somit konnten von buddhistischen Schriftstellern hier Parallelen gezogen werden. 

Diese Schriftsteller weisen Jesus die Position als Lehrer zu, der seine Anhänger ermutigt hat, anderen zu helfen und ein gutes Leben zu führen. Einige andere Interpretationen im Buddhismus beschreiben Jesus als ein erleuchtetes Wesen oder Bodhisattva, der anderen hilft, den Weg zur Erleuchtung zu finden. 

Der Theologe Werner Thiede zum Beispiel sieht sowohl Gemeinsamkeiten als auch gravierende Unterschiede zwischen Jesus und Buddha. Als Gemeinsamkeiten sieht er folgende:

  • Beide waren religiöse Reformer
  • Beide waren Asketen
  • Beide waren Charismatiker
  • Beide hatten eine Passion 

Und als gravierende Unterschiede bezeichnet er die Ansichten 

  • zur Frage des Heils
  • zur Erlösung
  • zum Leiden der Menschheit
  • zur Sterblichkeit.

In einem Fazit zitiert er den Religionswissenschaftler Hans Wolfgang Schumann und meint, dass Buddhismus und Christentum grundsätzlich unvereinbar sind. 

Welche Rolle spielt Jesus im Islam? 

Im Islam wird Jesus Isa genannt. Isa wird als Gesandter von Gott angesehen und gilt als einer der bedeutendsten Propheten. Gemeinsam mit Moses und Mohammed wird Jesus im Koran als „Rasul“ bezeichnet, was ihn als Gesandten würdigt. Er wurde entsandt, um die Botschaft des Monotheismus zu verbreiten. 

Als Rasul werden an anderen Stellen des Korans auch die Engel Gottes bezeichnet. Somit wird durch diese Bezeichnung die besondere Stellung Jesus gegenüber den übrigen Propheten, die für gewöhnlich als „Nabi“ bezeichnet werden, und die Nähe zu Gott ausgedrückt. 

Die Muslime, sprich, die Anhänger des Islam, glauben an die Geburt Jesus durch die Jungfrau Maria. Auch seine Wunder, das Heilen von Krankheiten und das Erwecken von Toten, werden von ihnen geglaubt. 

Was sie allerdings nicht tun, ist, dass sie ihn als den Sohn Gottes oder als eine göttliche Figur betrachten. Die Lehre des Islam vertritt auch die Ansicht, dass Jesus nicht gekreuzigt wurde. Er wurde hingegen von Gott in den Himmel erhoben und werde eines Tages zurückkehren, um das Reich Gottes zu etablieren. 

Die Muslime sehen Jesus als ein Vorbild für rechtschaffenes Verhalten und haben einen großen Respekt vor ihm als Propheten. 

Welche Rolle spielt Jesus im Judentum? 

Das Judentum sieht das ein wenig anders. Hier wird Jesus weder als Messias noch als Prophet anerkannt, sondern er ist eine historische Figur, die während der römischen Besatzung in Israel lebte. Die Vorstellung, dass Jesus der Sohn Gottes ist, wird nicht geteilt, ebenso wenig die Vorstellung, dass er auferstanden sei. Jesus wird also in der Glaubenspraxis keine religiöse Bedeutung zugemessen. 

Es gibt jedoch einige jüdische Gelehrte, die in Jesus durchaus einen bedeutenden Lehrer sehen, der eine Reformbewegung innerhalb des Judentums anführte und das jüdische Denken und die jüdische Geschichte beeinflusste. 

Nicht nur, dass Jesus im Judentum nicht als das angesehen wird, was er für das Christentum darstellt, nein, es bestand eine lange währende Feindschaft. Diese entwickelte sich, weil zum einen Jesus das Kommen des Gottesreiches verkündete, die meisten Juden zu der Zeit aber vor allem eine politische Unabhängigkeit von den Römern wünschte. 

Das hatte zur Folge, dass die Anhänger Jesu die Juden aufgrund ihres Unglaubens an die Messiaswürde Jesu zu einer ewigen Knechtschaft gegenüber der Kirche verpflichteten, – eine Tatsache, die von den folgenden christlichen Herrschern vor allem wirtschaftlich ausgenutzt wurde. Lies gerne hierzu mal das Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl (Mt. 22, 1-14) .

Fakt ist: Schreckliche Verfolgungen und Vertreibungen der Juden waren die Folge und fanden eine religiöse Rechtfertigung über Jahrhunderte hinweg. 

Lesetipps

Theologe Werner Thiede im Sonntagsblatt: Jesus und Buddha – 4 Gemeinsamkeiten und 4 Unterschiede

Ein Gott, zwei Religionen – Christentum und Islam – Teil 3